King for a Day

In diesem Jahr (immer noch 2020) suchen wir so verzweifelt nach überhaupt stattfindenden Rennen, dass wir’s sogar für eine gute Idee hielten, für zwei MTBO-Deutschlandcup-Läufe bis an die Mosel zu fahren. Da gibt’s doch Wein, oder? Das kann nicht verkehrt sein.

Am Samstag ist Nullzeit entspannt nach dem Mittag, wir reisen also schonmal aus dem Moseltal an zum ersten Lauf auf der Rheinseite des Koblenzer Stadtwalds, anständig Höhenmeter inklusive. Das Wetter ist perfekt, leicht befeuchteter Boden mit wenig Matsch, bis zum Start brauch ich zwar noch Winterkleidung, aber in Bewegung hält man’s ganz gut aus in kurzen Sachen. Wald ist auch hübsch und so, Wege sind fahrbar, nur meine Beine sind halt diesjahr eher mäßig, vielleicht muss ich mich langsam dran gewöhnen, von ambitionierten Teenagern stehen gelassen zu werden. Die Orientierung ist mir fast ein bisschen banal, die Posten stehen alle weithin sichtbar, sodass ich nur mit Mühe schaffe, kurz vor Schluss versehentlich einen Posten auszulassen und den sinnlosen Hügel zweimal hochzufahren – das Ergebnis ist ein vermutlich verdienter dritter Platz hinter der Seniorenweltmeisterin im Ski-OL und Anke, die uns eh alle stehen lässt. Wenn ich mal groß bin, will ich auch so stark sein wie die Anke.

Sonntag dann der zweite Lauf zum Frühstück, trotz Zeitumstellung bin ich noch extrem zerknautscht und die Beine fühlen sich auch nicht frisch an. Aber die heutige Karte, die Moselseite des Waldes, bietet deutlich mehr Spaß als gestern, viel mehr kleine Pfade, viel mehr Modder und Wurzeln, gleich in der ersten Abfahrt leg ich mich fast. Man muss insgesamt deutlich mehr denken und entscheiden als gestern und vielleicht entscheide ich mich gar nicht mal so blöd, nur meine Beine sind halt immer noch Gummi. Die Strecke enthält Schafe und ganz schön viel Berg, an einem Anstieg kommt mir ein Jogger entgegen und ruft begeistert “Dritte Frau, viel Erfolg!”, naja, diese Angabe dürfte etwas ungenau sein, aber ich nehm ja alle Motivation, die ich kriegen kann. Tatsächlich fahre ich fünf Posten vor Schluss vorbei an Anke, die suchend durchs Laub streunt: sie hat ihren Chip verloren. Blöder Mist. Somit schaffe ich’s trotz toter Beine am Ende auf Platz zwei, Schwein gehabt, sonst nix.