Supergreen (2)
– Robert Frost, “The Road Not Taken”. Slightly adapted.
Two roads diverged in a wood, and I – I took the one less traveled by, and edited OSM when I came home.
– Robert Frost, “The Road Not Taken”. Slightly adapted.
This was completely my dad’s fault: I ran the first (and probably last) marathon of my life. Yay? Read more in German.
Ein Marathon ist zu laufen. Der Rennsteig nämlich. Weil… man so’n Marathon ja einmal im Leben laufen könnte. Und weil wir nur 7 km neben dem schönsten Ziel der Welt wohnen. Papi gibt Anfang März das Go und zum Geburtstag kriegt er eine Startnummer. Und gleich noch eine zweite dazu, die ich mir dann auf den Bauch binde. Wennschon Marathon, dann zusammen.
Als ich vorm Rennen heimkomme, empfängt mich mein Papi mit überschäumender Motivation. Das kann nur gut sein, denn ich hatte eine äußerst schlechte Generalprobe, rechne fest mit allen möglichen Katastrophen und fürchte mich entsprechend. Aber wo ist denn auch der Nervenkitzel, wenn man vorm Start schon weiß, dass man im Ziel ankommen wird?
In der Nacht vorm Rennen schlafe ich ungefähr so gut wie in den Vorweihnachtsnächten meiner Kindheit, aber müde wär ich eh gewesen, denn der Wecker klingelt 5:15 Uhr, damit wir rechtzeitig zum Shuttlebus kommen. Offenbar bin ich die einzige, die den Plan hatte, im Bus weiterzuschlafen – alle anderen Läufer sind hellwach und reden angeregt und lautstark über ihre zweihundert bereits absolvierten Marathönne und die dazu erforderliche Pulsüberwachungs-GPS-Maschinerie. Immerhin in Neuhaus ist es bei unserer Ankunft noch angenehm ruhig, wir holen stressfrei die Startnummern und suchen uns dann erstmal ein Sonnenplätzchen zum Frühstücken und Rumliegen, ehe wir uns schließlich geruhsam in den hinteren Teil des Startbereichs begeben.
Nach dem pünktlichen Startschuss wälzt sich eine Wurst aus gut 3000 kleinen bunten Menschen langsam aus Neuhaus hinaus, diesen hübschen Anblick hat man nur von hinten! Nach wenigen hundert Metern schließt Ondra zu uns auf, die Unterhaltung für die nächsten Kilometer ist somit gesichert. Bis mein Papi anhält, um seinen Schuh nachzuschnüren, wobei Ondra nach vorn verschwindet und nicht mehr gesehen ward.
Aber Unterhaltung gibt’s auch so: in Friedrichshöhe begrüßt uns die erste Blaskapelle mit dem Rennsteiglied, Chorleiter Schneider singt begeistert mit, Tochter vom Chorleiter Schneider hat leider leichte Textdefizite. Aber so reicht die gute Laune jedenfalls bis zur Turmbaude in Masserberg, wo von weitem schon Menschen in Quäldich-Trikots winken und gleich neben ihnen Jule uns begrüßt und Tee ausschenkt. Zum Glück hatte ich kein Geld bei mir, denn Reinhards Angebot, mir für 40 Euro sein Rad zu geben, war an dieser Stelle schon ausgesprochen verlockend…
Weiter geht’s zur Triniusbaude, durch den holperigen Hohlweg. In Gedanken sehe ich Ingolf vor mir, der mir tiefernsten Gesichts erklärt, dies sei “der neuralgische Punkt der Strecke”. Quark, das ist der Abenteuerspielplatz hier! Leider sind die Läufer um uns rum wohl nicht mehr im Spielplatzalter, halten beim Anblick der ersten querliegenden Wurzel entsetzt an und trippeln vorsichtig bergab, und nur selten findet sich mal eine Lücke, wo man einfach durchfetzen kann. Schade drum.
An der Schwalbenhauptwiese treffen wir den QD-Support wieder, Reinhard sammelt von verzweifelten Marathonis Gebote für die Nutzung des Fahrradanhängers ein, lässt sich dann aber doch nicht erweichen und fährt mit Manu und Resi wieder ab ins Tal. Wir haben indes die Halbzeit hinter uns, und da weder mein Fuß noch mein Magen bislang ihre Schreckensszenarien ausbreiten, wächst bei mir doch zögerlich die Hoffnung, dass das was werden könnte. Immerhin wird die Heimstrecke nun immer heimischer und entsprechend greift auch wieder meine meisterhafte Fähigkeit, Längen bekannter Strecken grotesk zu untertreiben: “Wenn wir erst in der Kahlert sind, sind wir doch dann auch fast schon daheim!”
Nun… nicht so ganz. Hinter Neustadt kommt dann der böse kleine Stieg, an dem wir schon vorher eine Wanderpause vereinbart hatten. Runter ist bloß inzwischen genauso mies. Für mich jedenfalls, Papi hat derweil andere Probleme, die er lieber für sich behält… Am Dreiherrenstein dürfte dann der Tiefpunkt erreicht sein: als Papi daheim anrufen will, muss er mich erstmal fragen, was wir nochmal für ne Telefonnummer haben. Dass er Mami verabschiedet mit “Wir leben noch, aber mehr auch nicht” sorgt zwar bei den Läufern um uns herum für zustimmendes Gelächter, hat aber auf der Gegenseite wohl doch leichte Besorgnis erregt…
Aber egal, die Zahl der Restkilometer ist inzwischen einstellig, das kriegen wir hin! Auch wenn inzwischen jedes Loslaufen nach der Verpflegung zum schmerzhaften Abenteuer wird. Und auch wenn uns vor Frauenwald noch ein zusätzlicher Hügel vergönnt ist (grandios markiert: noch 80m… noch 70m… noch 60m…). Dafür können wir’s dann an der letzten Verpflegung krachen lassen, Papi gönnt sich Heimbringerbier, ich ergebe mich nun der Cola. Und auf einmal läuft’s wieder! Und da war das 40-km-Schild! Un-fass-bar! Wir sind 40 km gelaufen! Und was man da hört, ist der Stadionsprecher von Schmiedefeld! Wir schaffen das, ohne Scheiß, wir schaffen es tatsächlich!
In Schmiedefeld dann ein letztes Mal Brust raus und Backen zusammen, es gilt, den Schlussanstieg zum Sportplatz halbwegs agil zurückzulegen, man weiß ja nie, wer einen da alles kennt. Irritierenderweise kennen die mich alle, ständig ruft irgendwer “Super Juja!” – ach ja, mein Name steht auf der Startnummer. Und ein paar kennen mich ja auch wirklich. Meiner Mami fällt an dieser Stelle wohl ein Stein vom Herzen, dass sie uns ganz intakt einlaufen sieht statt wie vermutet im soeben nahenden Rettungswagen…
Noch eine finale Stadionrunde, Siegerpose formieren, der Sprecher schafft es sogar halbwegs, “Schleusingerneundorf” rechtzeitig und korrekt abzulesen, und auf einmal haben wir den Marathon geschafft! Tatsächlich! Yaaay! Meine erste Aktion ist, meine Schuhe von mir zu werfen und den Füßen Luft zu gönnen, Papi mag nicht und zeigt mir daheim den Grund dafür: er hatte seit gut 30 Kilometern eine praktisch kindskopfgroße Blase unterm Fuß. Un-fass-bar. Nu reicht’s.
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