The thrill of victory and the agony of my feet
“Si nous ne trouvons pas des choses agréables, nous trouverons du moins des choses nouvelles.” – Voltaire
(“If we do not find anything pleasant, at least we shall find something new.”)
Wie bin ich da nur reingeraten? Einmal unbedacht gegrinst, genickt, von Steffis unerschütterlichem Optimismus niedergestreckt und eh ich mich versah, war ich Teil eines Zweierteams, das sich demnächst dem Adventure Race Jena stellen sollte. Meine zurückhaltenden Selbstzweifel wurden nicht ausgeräumt dadurch, dass selbst die Siegerteams der Vorjahre unsagbar lang mit den Elementen gekämpft hatten, ich ein wahnsinnig unerfahrener Paddler bin, Steffi im Wettkampf erste MTB-Erfahrungen sammeln wollte und schließlich die angekündigte Streckenlänge 125% der laut Ausschreibung erwarteten (auch schon grenzwertigen 70km) betrug – aber Ignoranz hilft ja bekanntlich immer, also Augen zu und durch. Dann wird’s halt kein hübsches Kaffeekränzchen am Nachmittag, und wenn mich die anderen Kinder ärgern, geh ich einfach nach Hause, ich wohn ja hier.
Ungünstigerweise wurde auch Steffi kurz vor dem Wettkampf von der Realität eingeholt, weshalb es nun an mir war, heillosen Optimismus zu verbreiten – während ich meinen Organspenderausweis stets bei mir trug. Nachdem ich also völlig übereilt nach einer äußerst improvisierten Packliste meinen Kram zusammengeworfen hatte und beim Vorabendbriefing noch ein wenig Panik gemacht wurde, schaltete endlich das Hirn ab und wir beschlossen, dass es uns wurscht ist, wir uns nicht hetzen lassen und, egal wie, das Team werden, das den meisten Spaß am Rennen hat. Abgemacht.
Der Samstag versinkt dann praktisch in einem Meer aus Endorphinen: von der Sonne wachgekitzelt, starteten wir in äußerst schönem Wetter auf eine meiner Lieblingslaufstrecken (Hauptsache bergauf!), nahmen danach ohne zuviel Hektik nochmal per Rad die 200hm auf die Kuppe, Steffi bewies im Orientierungslauf ihr navigatorisches Geschick (abgesehen von einer kleinen Fehlplanung, die ja mal passieren kann), ich führte uns dafür wieder radelnd über Stock und Stein zur Bootsanlegestelle, wo wir uns beim Paddeln erstaunlich gut ergänzten (d.h. meine Unfähigkeit wurde durch Steffis Talent ausgeglichen – von unserem Fast-Kentern mal abgesehen, weil Steffi die Optimalroute mal wieder mitten durch einen Baum legte). Dann der nächste traumhafte Radanstieg im Abendrot über die lieblichen Heimstrecken (ein Glück, dass ich meine gute Kamera eine Woche zuvor bei einem zuvörderst dämlichen Sturz ruiniert hatte und die reanimierte Zweitkamera schon nach dem ersten Foto wieder ausstieg, sonst hätte ich zwei Stunden allein mit Fotografieren verbracht auf dieser herrlichen Route), eine ungemein clevere wiewohl ungeplante Verwirraktion, in der wir unsere Gegnerinnen endgültig abschüttelten, dann die gefürchtete “anspruchsvolle Abfahrt”, die mir unglaubliche Freude machte (also offenbar doch nicht so schlimm anspruchsvoll – nun müsst mir nur noch jemand erklären, wieso mir da die ganze Zeit der Imperial March durch den Hinterkopf geisterte) und der nächste Berg. Hochrunterhoch, ich hätt’s selbst nicht besser planen können. Die Wegfindung klappte inzwischen mit beinahe traumwandlerischer Sicherheit, Klettern lief problemlos (ein Hoch auf Steffi, die freiwillig den schwierigeren Teil absolvierte!) und am schönsten aller Checkpoints genossen wir erstmal die Aussicht übers nächtliche Jena, ehe wir mit etwas einbrechender Euphorie den Johannisberg erklommen, unser eher mangelndes Talent beim Schießen bewiesen und flink (mit ausgedehnter Sterneguckpause, haha) über die Heimstrecke zurück zum geliebten Fahrrad liefen, mit dem wir dann genau die Abfahrt im Dunkeln bewerkstelligen mussten, die ich in einem Anfall von Hellseherei schonmal zwei Tage zuvor mit Steffi gefahren war, und in einem weiten Bogen mit angenehmen Wechseln zwischen erwärmenden Anstiegen und erholsamen Abfahrten endlich einträchtig ins Ziel radelten.
Die Punkte waren gut auffindbar mit unserer Kombination von Karte, Ortskenntnis und GPS (erlaubt, weil es angeblich keine Vorteile bringt, aber noch nie hab ich meinen Edgie als so nützlich empfunden wie in diesem Wettkampf – gerade im Dunkeln, wenn die Landmarken sich verstecken… die Sommerlinde unterm beeindruckenden Sternenhimmel erkannten wir beispielsweise erst, als wir praktisch schon davor standen) und mit minimalen Umwegen (100km rund um Jena, yay! – der kürzeste Weg ist halt nicht immer der schönste, ne) kamen wir gutgelaunt mitten in der Nacht (gegen halb zwei) an – unser Ziel haben wir damit auf jeden Fall erreicht… bis nächstes Jahr?
Die improvisierte Packliste, die sich erstaunlich gut bewährt hat:
Klamotten:
- Laufschuhe, kurze Radhose, kurzes Trikot, Laufsocken (gleich anziehen)
- dicke Zweitsocken (Wollsocken von Oma)
- Thermo-Unterhemden (lang und kurz)
- Armlinge (nicht gebraucht)
- lange Laufhose
- Regenhose? (nicht eingepackt wegen Wetterbericht und Optimismus)
- Regenmembran
- Wintertrikot
- 2 Hads
- Radbrille (orange)
Proviant:
- 8 Riegel (4 gebraucht, aber Sicherheitspolster ist besser)
- 2 Trinkflaschen mit Saftschorle (1x aufgefüllt mit Wasser)
- “Jujas Supergenialer Hungerkuchen” (stückweise in Alufolie) –> in Ziplock-Beutel
- Tafel Schokolade (dezente Werbung: No.1 Salz & Karamell, ein Gedicht!)
Ausrüstung:
- Edgie
- Rennrucksack (10l)
- Signalpfeife
- Stirnlampe mit frischen Batterien
- Stift (wasserfest)
- Taschenmesser
- A4-Klarsichthülle für Karte
- Wanderkarte Jena (günstig, um vorhandene Wegmarkierungen zuzuordnen)
- Handy
- bisschen Geld, Krankenversicherungskarte, Organspenderausweis ;)
- Erste Hilfe: Rettungsdecke, Sterile Kompressen, Mullbinden, Desinfektion (Tücher), Pflaster, Schere, Sicherheitsnadeln, Pinzette, Dreiecktuch –> in Ziplock-Beutel
- alte Kamera (unsinnig, ist gleich ausgestiegen)
Fahrradausrüstung:
- Schmutzfink. (mit Speichenreflektoren)
- Helm
- Fahrradhandschuhe kurz und lang (Windstopper)
- Licht vorne/hinten + Ersatzbatterien bzw. nochmal aufladen
- Ersatzschlauch, Luftpumpe (+AV-Aufsatz), Minimalwerkzeug
TODO:
- GPS laden
“Ich bin auch noch lebendig und zwar sehr lustig.” – W. A. Mozart