"Wir müssen bescheuert sein...!"“Wir müssen bescheuert sein…!”
“Why do we risk life and limb in a vertical free fall,
when we could be safe at home by the fire? – Because it is man’s indomitable nature to scare himself silly for no good reason!”
– Bill Watterson, Calvin & Hobbes
3rd Inselsberg Mountainbike Marathon. As always, report only available in German. Sorry, guys.
Rückblickend war es schon völlig schwachsinnig, beim 3. Inselsbergmarathon überhaupt an den Start zu gehen: bei 5°C und Starkregen (auf dem Rennsteig hat’s auch ein bisschen geschneit) ist grob geschätzt die Hälfte der gemeldeten Teilnehmer angetreten. “Heute ist jeder ein Sieger, der ins Ziel kommt!” – “Nee, heute ist jeder ein Sieger, der am Start steht!”
Das übersichtliche Starterfeld eint latente Dummheit und schmerzbefreiter Frohsinn – die Klügeren sind im Bett geblieben, und die Kommentare des Veranstalters lassen auch nichts gutes erahnen: “Falls ihr ins Ziel kommt, gäb’s da hinten dann Duschen”, “Wenn einer befürchtet, nicht nass zu werden: gleich hinterm Start sind zwei große Pfützen, die ihr nicht umfahren könnt” und “Den nächsten Marathon machen wir Weihnachten, da isses wenigstens warm!”
Pünktlich geht’s los mit dem Bremsscheibenorchester, die Pfützen werden wie versprochen vorgefunden und somit sehen wir schon kurz nach dem Start alle aus wie die Schweine. Den ersten Berg gibt’s geschenkt – freundliche Eingewöhnung auf breiten Wegen, sodass meine Beine ihr übliches Aufwachzeremoniell “Was, geht’s schon los, sollen wir jetzt etwa was tun?” über die ersten 5km ziehen können.
Wenig später dann auch schon erste Verluste, Plattenflicker am Weg, die armen Schweine. Es ist nicht das schönste Wetter für Bastelarbeiten; ich hoffe sehr, dass der Schmutzfink durchhält. Auf seine etwas spezielle Art ist es phantastisch, ich habe unglaublichen Spaß und vor lauter Grinsen schon den halben Mund voll Modder und auch bergab bin ich noch zuversichtlich, die technischen Ecken überleben zu können, wenn hier wetterbedingt alles auf Forststraße entschärft wurde. Zu früh gefreut: nach 14km hängen wir am zweiten Anstieg, der zwei Spitzkehren aufwärts beinhaltet, die jeweils zu Schiebeeinlagen führen, bei denen sich meine Mitfahrer über ihre nassen, kalten Füße und sonstigen Körperteile beschweren. Ich seh in meiner Regenkleidung zwar aus wie ein fahrender Matschberg, aber bin zumindest noch halbwegs trocken. Dafür kommen von hinten unten zunehmend schreckliche Geräusche, sodass ich inständig hoffe, der Schmutzfink möge bitte ohne Kettenriss den Inselsberg erreichen.
Nach dem zweiten Anstieg gibt’s Verpflegung, ich hab keinen Hunger, aber die liebevoll dargereichten Bananen müssen jetzt trotzdem sein (überhaupt und allgemein: Lob an die Veranstalter; das ganze Rennen war liebevoll dargereicht und perfekt organisiert!).
Die finale Auffahrt zum Inselsberg wird eklig, der steile Weg zwingt den Großteil des mich umgebenden Feldes (falls man die paar Hanseln noch so nennen kann) zum Schieben und die Dichte der “Warum tut man sich das an?”-Kommentare nimmt deutlich zu. Allerdings auch die der am Weg stehenden Helfer, die uns ermutigen und im Moment des größten Leidens mit einer verdienten Spur von Häme fotografieren. “Gleich seid ihr oben, da kriegt ihr dann Skier für die Abfahrt!” Ich habe Durst, es ist saukalt, beim Trinken knirscht’s zwischen den Zähnen. Egal. Der Inselsberg ist frei von Publikum und Fernsicht, aber immerhin auch von Schnee – could be worse!
Die ersehnte Endabfahrt vom Inselsberg stellt sich als knifflig heraus und ein paar deutlich neonpink markierte, aber deshalb nicht minder glitschige Wurzeln laden mich zum Bodenturnen ein. Seltsamerweise bin ich danach nicht schmutziger als vorher… erledige aber die besonders “interessanten” technischen Herausforderungen von nun an lieber zu Fuß. Meine angenommene Zielzeit schloss ja sowieso ein, das Rad vom Inselsberg runter zu tragen.
Endlich erreiche ich erleichtert das Ziel, meine Nerven haben mehr geleistet als meine Beine, ich bin froh, noch heil und ganz zu sein (das war deutlich mehr Glück als Können oder gar Verstand), Papi steht jubelnd hinter der Linie, und da wohl selbst der bejubelnswerte Küfi irgendwo mit nem Plattfuß im Matsch liegt, lohnt sich auch das Warten nicht mehr und bald geht’s heim in die Wanne – wie kommen eigentlich diese ganzen Tannennadeln ins Badewasser?
(Fotos von Papi, vielen Dank!)