Liveblog: Der halbe ESC ist auch schon schlimm

Guten Abend, verehrtes abwesendes Publikum! Alles ist vorbereitet für einen erneuten hübschen Liveblog zum Anlass des ersten Halbfinals des Eurovision Song Contest 2011, der in meinem Kopf immer noch Grongprie heißt. Vor mir steht rosaroter Kuchen mit Herzchenstreuseln bereit, ich hab mich mit einem herzerwärmenden Artikel über The Royal Wedding in angemessene Stimmung gebracht und auch die DVB-T-Antenne zeigt ab und zu mal ein Fernsehbild. Da steht der hochqualifizierten Berichterstattung also nichts mehr im Wege! Mögen die Spiele beginnen.

Es geht los! Peter Urban moderiert – es muss ja schließlich Konstanten im Leben geben – zusammen mit Steven Gätjen. Und das Ambiente sieht nichtmal so sehr nach Fußballstadion aus, wie ich’s erwartet hätte.

Um Gottes Willen! Die Moderatoren für heute Abend sind Judith Rakers, Stefan Raab (war das nötig? Vermutlich ja.) und Anke Engelke, die irgendwer überredet hat, ein lila Badehandtuch statt eines Kleids zu tragen. Alle drei versuchen ausländisch zu sprechen, mit mäßigem Erfolg. Ich hoffe nur, der deutsche Akzent klingt für Ausländer genauso niedlich wie der ausländische für uns.

Es geht los! Thema der Show sind anscheinend peinliche Pseudominiaturaufnahmen von Deutschland, die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit den Künstlern stehen. Wie auch immer…

Polen: Magdalena Tul “Jestem” Der Freund meint berechtigt, dass das eine recht gewagte Nummer für ein solch katholisches Land ist – Magdalenas Schlüpferfarbe kennen wir nun jedenfalls alle. Die studierte Dame hat tatsächlich eine starke Stimme, trifft aber leider trotzdem nicht so ganz alle Töne. Anyway – ich bin sicher, dass wir heute Abend noch schlimmere Nummern sehen werden.

Norwegen: Stella Mwangi “Haba haba” Eine Kenianerin mit einem Lied auf Swahili an den Start zu schicken… irgendwie hätte ich mir für Norwegen was anderes vorgestellt. Anscheinend braucht jeder ESC seine Fußballstadion-Nummer – ich habe spontane Waka-Waka-Assoziationen, aber das schadet ja nicht, denn der Song war ja auch zu gegebener Zeit ganz nett. Btw: sympathisch un-magersüchtige Backgroundsängerinnen!

Albanien: Aurela Gaçe “Feel the Passion” Flukenförmige Lightshow, dramatische Feuereffekte und dazwischen eine gutgestylte Rothaarige – zwar wurde das Lied als austauschbar und langweilig kritisiert, aber ich fand es jetzt doch ganz angenehm und die Show genügt auch meinen hohen ESC-Standards. Großes Tennis!

Armenien: Emmy “Boom Boom” Das Mädchen kommt im kurzen Flitterkleidchen und mit Boxergürtel auf die Bühne – unterstützt von vier eher peinlichen Tänzern wird uns eine nicht weiter herausragende Rumhopspopnummer geboten. Ich frag mich die ganze Zeit, wo die Pointe bleibt, aber mehr als “Boom Boom” kommt wohl echt nicht mehr.

Türkei: Yüksek Sadakat “Live It Up” Das erste Land für heute, das eine sogenannte “Rockband” ins Rennen schickt. Die Nummer ist nicht gänzlich schlecht, aber auch nicht besonders toll, und Rock würd ich’s nicht gleich nennen. Immerhin die bunt angemalte Kontorsionistin ist faszinierend – ob die allerdings ihr life so beautiful findet, wie’s die Herren gerade besingen, weiß man nicht.

Serbien: Nina “Čaroban” Ich freu mich ja schon, in diesem Rahmen auch endlich mal was in einer völlig unverständlichen Landessprache zu hören – das würde jede Schnulze erträglicher machen… Im Falle der kleinen blonden Nina, die sich hier vor einem kopfschmerzverursachenden Sechzigerjahre-Flimmerbackground präsentiert, ist das eigentlich gar nicht nötig, denn ihr Lied passt zur Tapete – funky, eingängig und dank ihrer gutgelaunt umherhüpfenden bunten Backgroundsängerinnen ein neuer Favorit für mich. Ach ja: singen kann sie auch noch saugut.

Russland: Alexei Worobjow “Get You” Der als Mädchenschwarm und Alleskönner vorgestellte Herr startet für meinen Geschmack mit ein bisschen viel Vibrato in der Stimme. Wahrscheinlich sollen die LED-Schuhsohlen der Tanzgruppe davon ablenken, dass das alles rüberkommt wie eine Low-Budget-Aufführung der West Side Story (für die Sharks hat z.B. die Gage nicht mehr gereicht). Peinliche Nummer, Спасибо, wegtreten bitte.

Schweiz: Anna Rossinelli “In Love for a While” Seifenblasen, LED-Sonnenschein und Backgroundwölkchen untermalen diese unanstrengende Gutelaunenummer, die in Begleitung von Kontrobass und Akustikgitarre vorgetragen wird und nicht allzu schweizerisch klingt. Das kann man den ganzen Tag hören – und wird sich am Ende vermutlich nichtmal dran erinnern…

Georgien: Eldrine “One More Day” Böser böser Rock und ein wichsender Gitarrist, und was soll dieser überflüssige Rap auch noch? Die Sänger sind alle gekleidet wie überlagerte Petit Four und alles in allem wirkt das ganze ziemlich bemüht und entsprechend eher peinlich als faszinierend.

Finnland: Paradise Oskar “Da Da Dam” Auch in Finnland waren die Subventionen für wirkliche Musiker aufgebraucht, und so darf uns ein vermutlich minderjähriger blonder Vorstimmbrüchler sein Gitarrenstück vortragen, das er höchstpersönlich und ganz alleine geschrieben hat. Ok, von mir aus doch. Der gäbe bestimmt ein hübsches Pärchen mit der unanstrengenden Schweizerin ab. Sobald ihm die ersten Schamhaare wachsen.

Malta: Glen Vella “One Life” Und gleich noch einer aus der Spielecke: auch Malta schickt ein gegeltes Kind zum Wettbewerb, das eine austauschbare Popnummer mit nicht allzu faszinierenden Tänzern bringt. Na wenigstens scheint er seinen Spaß zu haben, das ist die Hauptsache.

By the way: obwohl die ganze Technik in der Esprit-Arena mit zig Fallbacklösungen gesichert war, fiel nun der Kommentatorenton aus. ESC-Overkill! Das, was jetzt als Ersatz verwendet wird, klingt nach einer schlechten Telefonübertragung…

San Marino: Senit “Stand By” Pseudodramatische Langeweilenummer mit viel Nebel um die Beine und im Hintergrund. Was macht die Frau mit ihren Händen? Ist das der Liedtext in Gebärdensprache? Versucht sie all die Töne festzuhalten, die ihr zwischendurch entgleiten? In der richtigen Umgebung wirkt das ganze vielleicht, aber hier jedenfalls mal nicht.

Die Kommentatoren-Leitung läuft jetzt über Kasachstan. Man fasst es nicht! Originalton: “Dazu spar ich mir jetzt jeden Kommentar.”

Kroatien: Daria Kinzer “Celebrate” Einstmals hieß dieser Song “Break a leg”, so behauptet zumindest web.de. Bestimmt angesichts der Schuhe der Sängerin eine sehr wahrscheinliche Showeinlage, aber feigerweise haben sie’s doch noch umbenannt. Das Lied ist eher nicht so – ich gebe nur anderthalb Mitleidspunkte für den schicken Effekt der Kleidverwandlung von schwarz auf pink auf weiß.

Island: Sjonni’s Friends “Coming home” Hochdramatische Hintergrundgeschichte. Die Dekoration mit den Rädern gefällt mir gut, das Lied ist auch nett – mich irritiert nur, dass ich nur Saiteninstrumente, ne Trommel und ein Klavier sehe, aber im Hintergrund ständig Blechbläser höre – das ist wie die Ärzte-Persiflage auf dieses ganze Playback-Gedöns… ganz hübsch jedenfalls.

Ungarn: Kati Wolf “What About My Dreams” Schon wieder springen selbstleuchtende Männer im Hintergrund rum, während von der eigentlichen Gesangsnummer die sowas von unechte Haarfarbe der Sängerin ablenkt. Dramatischer Retortenpop, im Stile von “My heart will go on” – und Celine Dion ist ja die Siegerin unser aller Herzen…

Portugal: Homens da Luta “Luta é alegria” Nein, was die vortragen ist nicht YMCA, sondern echt mal genau das, was ich mir vom ESC erhoffe und erwarte – groteske Aufführungen in seltsamen Sprachen. Diesmal portugiesisch und mit leicht politischem Hintergrund – aber hey, so ein Schauspiel darf man uns einfach nicht nehmen, und Nicole war ja irgendwo auch politisch. Das ist alles dermaßen absurd, ich glaube ich liebe es. Auch wenn ihre dramatische Botschaft vermutlich eher nicht so rüberkommt.

Litauen: Evelina Sašenko “C’est ma vie” Schöne ruhige Musicalnummer, die auch mit ungewohnter melodischer Präzision vorgetragen wird – zwar mit viel Schwulst und Vibrato, aber für den Herzschmerz sind wir ja schließlich hier. Derweil die Sternlein traulich funkeln, der Pianist im Finstern spielt, und ich mich einzig dadurch ein wenig ablenken lasse, dass jede einzelne Titte von dem Mädchen annähernd so groß ist wie ihr Kopf und durch das wunderbare Kleid auch entsprechend betont wird.

Ja Wahnsinn! Jetzt, beim vorletzten Teilnehmer des Tages, wurde die Moderatorenleitung wiederhergestellt! Also echt, wegen dem bisschen hätten die Techniker jetzt auch nicht so’n Stress machen müssen, wir geh’n doch eh gleich alle ins Bett.

Aserbaidschan: Ell & Nikki “Running Scared” Entsprechend sind Sängerin und Tänzerinnen hier der Einfachheit halber auch schonmal in Nachthemden auf die Bühne gekommen, damit’s nachher schnell geht. Trotz feinen Sternchenregens kommt das nicht so romantisch rüber, wie’s bestimmt gedacht war – dazu guckt Nikki zu aufgespritzt nuttig und angepisst.

Griechenland: Loukas Giorkas feat. Stereo Mike “Watch My Dance” Das große Finale für heute, und dann sowas: der traurige Versuch, mit wenig Übung Breakdance und Hiphop vorzuführen und dann auch noch mit einem überdurchschnittlich schwülstigen Gesangsteil zu verbinden. Das ist weder ein in sich stimmiger Song, noch ein potentieller Finalteilnehmer, noch habe ich Hoffnung, dass das irgendjemandes Weg zu Gott auch nur einen Zentimeter verkürzt.

So, die Teilnehmer für heute sind durch und das fröhliche Abstimmen kann weitergehen. Mal schauen, ob ich die Ergebnisse noch abwarte. Meine Favoriten für heute waren Serbien, Portugal, Island, Albanien und irgendwie auch Norwegen (lustig war’s ja schon). Türkei fand ich diesjahr erstmals nicht so, aber ins Finale kommen sie bestimmt trotzdem und auch verdient. Und der König-der-Löwen-Säuselnummer aus Litauen gönn ich das Finale auch.

Je öfter ich diesen Finnen sehe, desto intensiver muss ich mich gegen den Gedanken wehren, dass “Da da dam” die finnische Übersetzung von “Ein bisschen Frieden” ist…

Um die Zeit der Auszählung zu überbrücken, trommeln jetzt Cold Steel ein Lied für uns. So eine ähnliche Trommelperformance durfte ich mal in der Fußgängerzone meiner Lieblingsstadt erleben – keine fünf Minuten des Spektakels waren gelaufen, da kam ein wutentbrannter Opa angelaufen und brüllte “Ich zieh hier gleich ma den Stecker raus!!” Ähem. Zurück zu Cold Steel: sehr ansehnlich, rhythmisch und perfekt choreografiert, was die da machen. Und wenn’s die richtigen Leute machen, sehen Turnschuhe zum Anzug gar nicht mal schlecht aus. Das war Entertainment.

So, na endlich! Let’s open the envelope! Serbien! Juhu! Litauen! WTF, Griechenland?! Aserbaidschan, naja. Georgien (Moderator: “Das sollte ja mal Motivation genug sein, sich ein neues Kleid zulegen, jetzt im Finale aufzutreten…”) Die Schweiz, ja prima. Ungarn, och nö. Jetzt können definitiv nicht mehr alle ins Finale kommen, denen ich’s wünsche. Anke Engelke fällt in die Ricky-Rolle – unabsichtlich? Finnland – die männliche Nicole wird’s am Ende noch reißen… Russland – neeeeiiiin! Island, na immerhin.

Schade, schade – tschüssi, Portugal, Albanien, Norwegen und ihr lustigen Türken – wie immer entgeht einem das beste, wenn man nur das Finale sieht. Ich gräme mich aber erstmal nicht weiter, geh jetzt schlafen und freu mich schon aufs zweite Halbfinale übermorgen – wieder hier, also bis dahin!

Kleines Update: hier nochmal die hübschesten Lieder zum Nachhören und mir zustimmen: meine persönlichen Top Ten, in absteigender Reihenfolge!

Und zum weiter freuen: hier folgt der Liveblog zum zweiten Halbfinale.

Die schönste Zeit des Jahres naht…

…und damit meine ich nicht Weihnachten – nein, der Eurovision Song Contest steht mal wieder an! Freude, Freude, und eventuell werde ich dieses tote Blog mal wieder kurz reanimieren, um die nichtvorhandene Leserschaft mit einer Livebebloggung der Schlüsselveranstaltungen (Finale am 14. und evtl. auch die Halbfinals am 10. und 12.) zu beglücken.

Bis jetzt habe ich ja nur äußerst grob die Liste der Kandidaten überflogen und entsprechend unqualifiziert sind meine Tipps für dieses Jahr: die vorqualifizierten Länder (ja, auch unsre geliebte Lena) finde ich eher nicht so vielversprechend, das wirkt auf mich wie austauschbarer Einheitsbrei. Vom Foto her fand ich die Portugiesen ganz lustig, aber das kann auch arg nach hinten losgehen (ich erinnere nur an Rodolfo Chikilicuatre, der auch erstmal “ganz lustig” aussah), und der alte Mann, den Bosnien-Herzegowina ins Rennen schickt (passenderweise heißt er auch gleich “Dino”) könnte immerhin Sieger der Herzen werden. Ansonsten punkten vielleicht die Herren aus Moldau noch mit ihrer Nackigkeit, aber ansonsten lass ich mich überraschen und recherchiere jetzt erstmal nicht weiter. Bis dann!

[Update] Kurzes Reinhören in das Arbeiterkampflied der Portugiesen: doch, ich denke, das ist mein persönlicher Favorit. Hoffentlich fliegen sie damit nicht schon vor der ersten Aufführung raus…

[Und noch ein Update] Mehr oder minder qualifiziertes Vorfreudengesabbel von Lukas Heinser inkl. Link auf sein diesjähriges Videoblog… für Aussagen wie diese kann man’s eigentlich nur weiterempfehlen:

“Sollte Lena mit Taken By A Stranger tatsächlich die Riesensensation schaffen und ihren Titel verteidigen (was ich durchaus nicht für ausgeschlossen halte), wird irgendein Alpinverein vermutlich demnächst Besteigungen von Stefan Raabs Selbstbewusstsein anbieten.”

Abenteuer Bahnfahren

Aus gegebenem Anlass (Festplattenbackup und damit verbundene Durchsicht uralter Daten) will ich hier mal ein Fundstück älteren Datums zu besten geben…

Bahntagebuch: 04.05.05 Dresden – Elsterwerda – Baruth (Mark) – Berlin Schönefeld – Rostock

Um kurz vor eins an diesem wunderbaren Mittwochnachmittag vor Himmelfahrt verabschiede ich mich von der letzten Kommilitonin, die mir noch herzliches Beileid für die mir bevorstehende sechseinhalbstündige Fahrt wünscht. Na prima, hab ja genug zu lesen dabei.

Ich habe mir für dieses ziemlich lange Wochenende ausgedacht, eine Freundin in Rostock belästigen zu müssen, und diese ganze Fahrt dorthin ließ mich doch stark daran zweifeln, dass dieses Vorhaben gottgewollt war. Es begann… als sie mich anrief, nee Quatsch, in einer schön stinkigen Dresdner S-Bahn, die für die Fahrten nach Elsterwerda abgestellt war, was sie aber nicht daran hindern konnte, weiterhin die Strecke Bad Schandau – Meißen Triebischtal auf allen möglichen Anzeigen darzustellen. Ich sitze im Fahrradabteil, weil die alten Omis mit ihren Monstertrollis unbedingt Treppe steigen wollten und mir nun schon alle Plätze oben im Zug weggeschnappt haben. Soll noch einer von denen hilflos tun, wenn es um eine harmlose 10-cm-Stufe geht, da trag ich dann keinem mehr die Tasche rauf!!

Wie gesagt also Fahrradabteil, ohne Fahrräder, dafür aber mit einigermaßen zwielichtigen Gestalten, die klappernde bunte Nylon-Einkaufsbeutel dabei haben und nach deren Inhalt riechen. Mir gegenüber sitzt eine (grob geschätzt?) knapp sechzigjährige Frau im Leinenhosenanzug, die mich die ganze Fahrt über extrem abwertend mustert. Sowas liebe ich, wirklich. Später vergrabe ich mich aus Frust schon in meine sehr schlau gewählte, da so unglaublich federleichte Lektüre zum Thema Actionscript. Siebenhundert Seiten mit vielen lustigen wiewohl überflüssigen Screenshots, und insgesamt wohl ein Fünf-Kilo-Buch. Das stört aber alles im Moment gar nicht, denn die Fahrt nach Elsterwerda verläuft ansonsten verdächtig reibungslos und trotz einer minimalen Verspätung von vielleicht fünf Minuten kriege ich noch meinen Anschlusszug (oh Wunder, der eigentlich schon hätte weg sein sollen).

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Psychotest: Welcher Party-Typ bist du?

Du willst abends aus dem Haus gehen. Was ist wohl dein Ziel?
A: Der Lebensmittelladen deiner Wahl – Tiefkühlpizza ahoi.
B: Das Treffen der ehemaligen Mathe-AG zum Spieleabend (Schach, Go, Abalone etc.), bei dem wir so tun können, als wären wir normal.
C: Der angesagte neue Club, in dem kichernde Girlies alkoholische Freigetränke bekommen – und zur Not auch Wracks wie ich.

Du machst dich fertig. Was ziehst du an?
A: Wedges, Shirtkleid, Leggins – und Makeup nicht vergessen. Ich habe mir alles besorgt, was in der Bravo immer angepriesen wird, und hoffe, nun endlich auch mal dazuzugehören.
B: Ich geh nackich.
C: Eine Jacke. Den Rest trag ich schon seit Wochen.

Und warum willst du da eigentlich nochmal hin?
A: Meine Wohnung ist unbeheizt und hat mehrere feuchte Wände.
B: Ich treff meine Mädels!! Das wird so ein supi Abend!!! Fast hab ich vergessen, wie wenig ich sie eigentlich leiden konnte.
C: Irgendwann muss man ja mal sowas wie soziale Kontakte pflegen. Sagt meine Mama immer.

Wen triffst du heute?
A: Meinen kleinen Kreis aus sozial inkompetenten Ingenieurswissenschaftlern.
B: Freunde. Ha – als ob ich sowas hätte!
C: Hunderte Leute, schon unterwegs. Wollte ich alle nie wiedersehen. Zum Glück tun sie so, als würden sie mich nicht kennen.

Was meinst du, wie wird der Abend enden?
A: Mit einem spontanen ONS mit dem tollen Typen, der mich an der Bar angesprochen hat. Not.
B: Ich werde betrunken nach Hause wandern, mich dabei verirren, in den Fluss stürzen und in dem knöcheltiefen Wasser stundenlang faseln, dass ich ertrinke, bis endlich ein Passant die Polizei benachrichtigt.
C: Nachdem ich alle anderen nach Hause gefahren habe, gönne ich mir daheim einen Kräutertee zum Abschluss des nüchternen Abends.

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The Fortune Cookie says: What You Need Most Is Endurance*

Das vergangene Wochenende hielt für mich eine Erfahrung bereit, die man nicht alle Tage macht: das erste (und womöglich auch letzte?) 24-Stunden-Schwimmen meines Lebens. Da ich vorher keine Ahnung hatte, was auf mich zukommt, und bald vergessen haben werde, wie es war, werde ich das Blag als Gedächtnisstütze nutzen und hier das Erlebte aufarbeiten.

Bei einem 24-Stunden-Schwimmen geht es darum, innerhalb eines Tages (also 24 Stunden) so viel Strecke wie nur irgend möglich schwimmend zurückzulegen. Soviel zum Konzept. Praktisch kann man sich die Zeit natürlich frei einteilen, man kann auch von den 24 Stunden nur eine halbe im Wasser verbringen, nur der Erfolg hält sich dann eben in Grenzen.

Ich war pünktlich zum Einlass vor Ort, und es regnete. Es gibt kaum einen deprimierenderen Anblick als ein großes Sportschwimmbecken bei Regen, und menschenleer war es noch dazu. Ich hatte mir ausgemalt, mit hunderten Schwimmsportlern um die raren Startplätze auf den gerade mal sechs Bahnen wetteifern zu müssen, aber keiner war anwesend.

Den Startschuss um 14 Uhr habe ich nicht im Wasser erlebt, aber inzwischen waren doch einige Schwimmer eingetroffen und kurz danach war ich auch soweit. Natürlich wollen in der Startphase alle schwimmen – die Bahnen waren entsprechend voll, und da doch viele Leute dabei waren, die eher unprofessionelle Schwimmer sind, ging es recht langsam voran. Ok, prima, entspannend. Ich hing mit ruhigem Brustschwimmen dazwischen und fand die erste 2-Stunden-Etappe (4,3 km) sehr entspannend. Leider ist Brustschwimmen ganz der falsche philosophische Ansatz, denn mit einigen Stunden Verzögerung merkt man dann an den Gelenkschmerzen, was für eine unsäglich dumme Idee es war, über 10 km fast ausschließlich in dieser Schwimmart zurückzulegen. Kraul mag ein winziges bisschen anstrengender sein, aber die Schultern sind dankbar. Als ich das herausfand, war es nur leider schon etwas zu spät.

Erstaunlicherweise waren die limitierenden Elemente auch nicht (wie ich angenommen hatte) Kraftmangel oder Müdigkeit, sondern wirklich die Schmerzen und die Unterkühlung. Zwar war das Becken auf kuschlige 24°C beheizt, aber draußen waren es dann (zumindest Nachts) nichtmal mehr 15°C und während des Wartens auf einen Startplatz musste ich mir schon arg das Zähneklappern verkneifen.

Zuletzt noch zur Versorgung: zwar wurde großspurig mit Versorgung vor Ort geworben, aber diese hatte dann eher Volksfestcharakter als dass sie für eine Sportveranstaltung geeignet gewesen wäre. Ich kann mir nach zwei Stunden im Wasser jedenfalls bessere Mahlzeiten vorstellen als Bratwurst, Pommes, Bier und Cola, und war dann ganz froh, dass ich mir die Mühe gemacht hatte, meine eigenen Speisen und Getränke mitzuführen (Nudelsalat, Apfel-Möhren-Salat, Schokolade für zwischendurch, verdünnten Guavensaft).

Die Lernkurve wahr jedenfalls steil, der Erfolg für den ersten Versuch find ich ganz ok, und ich bin gespannt, ob ich bis zum nächsten Jahr in der richtigen Laune für eine Wiederholung bin. Ich kann’s niemandem empfehlen, aber auch keinem verbieten…

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