Das Ende der schönsten Städte der Welt

Heute schließt Geocities, was (zumindest theoretisch) das Web zu einem etwas schöneren Ort machen sollte. Die Nutzer dürfen leider zu einem neuen Webhosting-Angebot wechseln – eine Fehlentscheidung von Yahoo, die es für mich notwendig erscheinen lässt, hier zumindest eine korrigierte Version ihres Fragebogens niederzulegen.

Warum schließt GeoCities?

Die Antwort hierauf kann nur sein: aus Nächstenliebe. Das Web bietet kaum vergleichbare Horte des Unheils, an denen sich derartige Sammlungen schlechten Webdesigns, blinkender Laufschriften, nicht verknüpfter Grafiken und schlicht fehlenden Inhalts zusammenrotteten.

Was, wenn ich meine Seite behalten möchte? Wie kann ich meine Bilder speichern? Wird meine Seite archiviert?

Die Antworten hierauf lauten: Pech gehabt, gar nicht, nein. Von Tag X (heute) an wird den Geocities-Usern etwas Zeit eingeräumt, sich mit dem Gedanken an den Untergang abzufinden, und am Monatsende werden endlich die Server gesprengt. Vorher die darauf gespeicherten Daten zu archivieren, wäre mit dem Versuch eines Kammerjägers vergleichbar, der vor seinem Pestizidangriff noch schnell die Ratten in seiner eigenen Wohnung in Sicherheit bringt.

Wie kann ich das schöne Gefühl behalten, meine nichtssagende Persönlichkeit im Web breitzutreten, ohne etwas bezahlen zu müssen?

Glück für dich, Pech für die fühlenden Wesen dieses Planeten: es gibt immer noch genügend Anbieter, die dich ähnlich grässliche Seiten erstellen lassen – und das auch noch kostenlos, obwohl du nach engeren Auslegungen der Gesetzgebung dringend Schmerzensgeld an die Allgemeinheit zahlen müsstest. Myspace ist da ein wunderbarer Tipp – hier scheint der Seitenbaukasten auch keine Möglichkeit zu bieten, etwas informatives, übersichtliches und dem Auge schmeichelndes zu erstellen, und sowohl Profilseite als auch Blog lassen jeden Betrachter zuverlässig an der korrekten Funktionsweise seines Browsers zweifeln. Solltest du wider Erwarten etwas Eigenes bauen wollen/müssen, hier ein kurzer Exkurs zum Selbstprogrammieren von Geocities-Seiten:

  • Ein HTML-Anfängerkurs genügt völlig. Selbst Table-Layouts sind eigentlich überflüssig, da völlig ohne Layout ein viel schönerer Überraschungseffekt bei der Anzeige der Seite gegeben ist. Aber wenn Layout, dann natürlich Tabellen. Und Frames, jede Menge. Falls du ein Profi bist und schonmal gehört hast, dass Hohmpäitsches einen Doctype brauchen, denk dir einfach einen aus.
  • Wenn du mit HTML-Programmierung noch Schwächen hast: egal! Das wird die Seite nur noch authentischer machen.
  • Zur Gestaltung: such dir im Internet wahllos ein paar Grafiken zusammen, am besten im Gif-Format und animiert/transparent mit pixeligen Rändern. Hier lohnt sich vordenken: nirgends findet man so viele davon wie auf Geocities, also speicher sie dir, bevor es zu spät ist.
  • Farbschema: als Seitenhintergrund empfiehlt sich Schwarz, oder besser noch eine bunte, blinkende Grafik. Der Seitentext sollte blau oder gelb oder türkis sein, in jedem Fall aber eine der Farben, die du schon aus Paint kennst.
  • Schrift: Auf jeden Fall Comic Sans!
  • Sonstiges: Am besten, du weist Nutzer mit Grafiken überall darauf hin, dass sich deine Seite noch im Bau befindet. Javascript zu lernen, kann sich auch lohnen, denn hier lassen sich schöne, Anwender verwirrende Effekte erzielen. Wenn du noch nicht gut genug darin bist – keine Angst! Ein fehlerhaftes Skript kann durchaus versehentlich die Seite lahmlegen, wodurch die Anwenderverwirrung ihren Höhepunkt erreicht!

Ein eindrucksvolles Beispiel zeigt heute (und wahrscheinlich nur heute, denn es ist kaum auszuhalten) xkcd . Viel Spaß bei eigenen Versuchen. Und bis bald auf Myspace.

Zuviel Zeit oder was?

„Ich vermisse eigentlich nichts, obwohl ich keine Identität im Netz habe“, sagt Marianne*, 21, Studentin der vergleichenden Sprach- und Nonsenswissenschaften, wohnhaft in Bitterfeld, geschieden, 1 Kind, Schuhgröße 37. Sie hat eine für heutige Verhältnisse ziemlich mutige Entscheidung getroffen, sich in keinem einzigen sozialen Netzwerk angemeldet – und sich in diesem nutzlosen Blog sowie zahlreichen weiteren Onlinepublikationsplattformen darüber ausgelassen. Ein Interview

BraFo!: Marianne, wie kam es, dass du dich nie in sozialen Netzwerken angemeldet hast?

Marianne: Mir hat nie was gefehlt. Ich hatte einfach keine Lust dazu. So hab ich das für mich entschieden.

Gab es da ein Erlebnis, das den Ausschlag gegeben hat?

Nein, ich habe für mich entschieden, dass ich einfach keine Lust dazu habe. Da geht’s ja nur darum, Kommilitonen auszuspionieren, und das ist mittels tratschender Freundinnen und ambitionierter Überwachung viel detaillierter möglich.

Hast du gezögert, den Schritt nicht zu machen?

Überhaupt nicht, ich hatte keine Lust dazu und hab das für mich so entschieden. Mich nicht anzumelden hat auch keinerlei Zeit gekostet.

Was hat dich am meisten abgehalten?

Die dummen Menschen, die das Internetzelt bei einem namhaften europäischen Festival nur blockiert haben, um dümmliche Facebook-Fotoalben anzugucken. Auf sowas hatte ich keine Lust. Hat mir ja auch noch nie gefehlt. Das hab ich für mich so entschieden.

Wie haben deine Freunde reagiert?

Die haben mich auch abgehalten, aber letztlich hab ich das für mich selbst so entschieden.

Sicher, dass du nicht mal schwach geworden bist?

Natürlich habe ich einen Account für Bravo. Sonst könnte ich dort ja nicht am Kinderchat teilnehmen. Das hab ich für mich so entschieden. Man muss dort ja auch nur fünf Seiten mit persönlichen Daten befüllen, das ist ok für mich. Sonst hat mir noch nie was gefehlt und ich hab auch keine Lust auf sowas.

Aber du schreibst weiter persönliche Dinge überall ins Netz, wo sich die Möglichkeit bietet, oder?

Natürlich, das ist doch auch schön.

*Name und Daten vermutlich nicht von der Redaktion geändert. Inspiration hier.

BraFo! Charts (September 2009)

Bedenklichster Fashiontipp des Monats: Lilafarbene Stiefeletten – gibt’s denn vielleicht irgendwo auf diesem Kontinent noch halbwegs normal aussehende und vor allem praktische Winterschuhe?!
Überflüssigste Website des Monats: spiegel.de – ich spüre schon, wie mein IQ die Skier für die steile Abwärtskurve anschnallt. Tipps, wo man informative journalistische Angebote findet, sind in den Kommentaren willkommen.
Tollste FLS des Monats: Also ich fand ja die “Model-Träume” ganz hinreißend. Im Gegensatz zu Manu… aber willst du ernsthaft die nominieren, in der zwei sich wildfremde Kinder schon weit vor Bild 40 halbnackig sind?
Seltsamste Mahlzeit des Monats: “Bunte Spätzlepfanne mit Tomaten-Käsesoße”. Herzlichen Dank ans Küchenteam für die Kreativität, aber das nächste Mal schmeißt den übrigen Harzer Roller bitte in den Müll statt in die Nudelsoße. Und die Spätzle wären ohne Lauchlappen womöglich auch besser. Wenn auch weniger bunt.
Schlechtester Film des Monats: “Julie & Julia” – Meryl Streep als adipöses Duracellhäschen, Stanley Tucci als schwuchteliger Gartenzwerg und Amy Adams als heulsusiges Girlie (erschreckend überzeugend!) ist deutlich mehr, als man auf einen Haufen ertragen kann und beraubte mich zugleich meines letzten Vertrauens in irgendwelche Hollywoodgrößen.
Niedrigste Lebensform des Monats: Der Fahrradmonteur, der das defekte Radlager mittels Ölen und Luftpumpen zu reparieren versuchte (Namen aller Beteiligten werden verschwiegen).
Hartnäckigster Ohrwurm des Monats: “Full Moon Boogie” (Jeff Beck with the Jan Hammer Group) – ob ich nach über einem Monat doch mal aufstehen und die CD wechseln sollte?

(Über-) Lebenshilfe: Fremde Hochzeiten

Heiraten gerät aus der Mode? Von wegen! Während manche (=ich) sich gar nicht vorstellen können, was zwei geistig gesunde junge (oder auch nicht – im Schaufenster von Fotografenläden haben Landhausstil-Hochzeiten von Pärchen nahe der Midlifecrisis klar die Vormachtstellung) Menschen bewegt, sich diesen Stress zu machen, planen andere praktisch seit ihrer Geburt diesen romantischen Tag und zögern schließlich auch nicht, alle ihnen bekannten Personen dazu einzuladen – auch die der erstgenannten Gruppe. (Die einzig noch mögliche Steigerung ist, darauf zu bestehen, dass die Personen der erstgenannten Gruppe als Brautjungfer im rosa Tüllkleid fungieren.)
Selbst wenn man gar nicht selbst heiraten muss, hat man vor, auf und nach Hochzeiten immer noch einiges durchzustehen, aber wir wären kein überaus erfolgloses Lebenshilfeblog, wenn wir euch diesbezüglich nicht an die Hand nehmen und mit guten Ratschlägen versorgen würden. Here we go!

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Falsche Fanta

Erkenntnis des Tages: wenn man Orangen-Gummibärchen isst und dazu/danach Sprudelwasser trinkt, muss man erstens ziemlich oft aufstoßen und zweitens erzeugt man dadurch im Mund das Gefühl, Fanta getrunken zu haben!