Sind es unterdrückte Schuldgefühle, die mich jährlich ungefähr auf halber Strecke zwischen dem vergangenen und dem nächsten Sing-und-Schmalz-Liveblog dazu treiben, hier doch nochmal einen sinnlosen Überbrückungsartikel hinzuwerfen, sodass es nicht ganz so aussieht, als sei dieses Blog nur noch zur ESC-Bebloggigung da? Ich weiß es nicht; wohl bewusst ist mir allerdings, dass dieses Thema nicht gerade die Grundfesten des deutschen Journalismus erschüttern (oder auch nur jemanden interessieren) wird. Aber wir haben ja schon festgestellt: das tolle daran, keine Leserschaft zu haben, ist, sich nicht um deren Bedürfnisse kümmern zu müssen. Juhu! Ring frei! In diesem fantastischen Lebenshilfeliveblog wird der nichtvorhandene Leser dank der wahnwitzigen Updategeschwindigkeit von durchschnittlich 1/Tag weihnachtlich-angemessen entschleunigt (was immer das bedeutet) und lernt gleichzeitig 48 sicherlich großartige Teesorten samt beinahe qualifiziert-fachlicher Einschätzung kennen. Da meine beiden Tee-Adventskalender für Kinder geeignet sind, ist mit tatsächlichem Tee nicht zu rechnen; dafür werde ich die Ausführungen wie die Unendliche Geschichte in weihnachtlichen zwei Farben halten. Der große Vorteil: Weihnachten hört’s auf! Beweisstück A: der Tee-Adventskalender von Salus . Beweisstück B: der Tee-Adventskalender von Goldmännchen . Ich wünsche eine fröhliche Adventszeit. Vorfreude: Beide sind in der mitteldeutschen Mittelkleinstadt gleichermaßen schwer zu finden; während ich einerseits den Online-Versandhandel bemühen konnte, bekam ich den anderen zum Glück geschenkt, was mich davor bewahrte, selbst ein Reformhaus betreten zu müssen. In der Aufmachung punktet die liebevoll illustrierte Weihnachtsbaum-Falt-und-Aufstell-Box gegenüber der lieblosen Pappschachtel . Die Inhaltsangaben lesen sich gleichermaßen suspekt (und überhaupt, wo bleibt die Überraschung, wenn man’s schon alles vorher weiß?) und ich bin gespannt auf die ersten Tests.
1: Chai! (Gewürztee) Den kannte ich schon – eine Tasse lang schmeckt er so naja, nett, süßlich, aber aus dem Selbstversuch weiß ich schon, dass man’s nach einer ganzen Packung mehr als satt hat. Dann doch lieber Lindenblüte-Melisse (Kräutertee), der zwar erwartungsgemäß ein bisschen krautig schmeckt, aber auch nicht unangenehm, und schön beruhigend war er auch noch.
2: Heute beginnen wir mit dem Winter-Wichtel (Gewürztee), der sogar eine eher mäßig dramatische Geschichte im Booklet (es gab ein Booklet!) mitbrachte. Die Zusammensetzung der Zutaten deckt sich nicht sehr mit dem Goldmännchen-Chai, und für mich ist dieser hier der klare Sieger, da die widerlich in den Vordergrund drängende Süße fehlt. Übrigens schmecken beide Gewürzteesorten auch prima mit Kandis und Milch… Ansonsten haben wir Jägertee (Früchtetee) – erstaunlicherweise ohne Alkohol, nichtmal mit entsprechendem Aroma. Zwar hat das meine Erwartung von “Jagertee” nicht ganz getroffen, aber böse bin ich auch nicht drum, denn dies ist ein sehr milder und trinkbarer Früchtetee.
3 : Cool Cassis (Früchte-Kräutertee) – ein schrecklich gefärbter Tee, dessen Geschmack sich mir überhaupt nicht erschließen wollte. Sehr dezente Johannisbeere, krautiges Dörrgemüse dazwischen, und auch die Tatsache, dass ich den Rest über die Arbeit hinweg kalt werden ließ, hat mir kein “cooles” Geschmackserlebnis bereitet. Nur wenig besser war “Wanderlust” (Kräutertee) – der trockene Beutel strahlt einen sehr seltsamen Duft aus, und auch der Geschmack ist so, ich weiß nicht wie. Melisse und Kamille raus, Anis rein, und es wäre meine Idealkombi…
4 : Na endlich – ein Tee mit sinnlosem Namen, anhand dessen man keine Rückschlüsse über die Zutaten ziehen kann: “Alles Liebe und viel Glück” (Früchtetee)! Alles in allem schmeckt’s wie der G&G-Kehrdreck-Früchtetee im Hagebutte-Hibiskus-Standard, angereichert um solche Seltsamkeiten wie Rote Bete (was?! ). Nich so. Dafür geht der heutige zweite Versuch erfreulich in Richung einer meiner Lieblingssorten: Wilde Kräuter (Kräutertee, ja logisch!) ist quasi Fenchel-Anis-Kümmel-Tee mit ein paar hintergründigen Merkwürdigkeiten wie Gänseblümchen, Schafgarbe und Kornblumen – und genauso schmeckt er auch.
5 : Der Nachmittag beginnt mit einer Absonderlichkeit namens “Bahndamm No 5″ (Kräutertee), von der ich leider schonmal einen Probebeutel ertragen musste. Der ist nicht besser geworden und immer noch eine verrückte Ansammlung von seltsamem getrocknetem Grünzeug, das sich nur mit dem Hintergedanken ertragen lässt, sicherlich schrecklich gesund zu sein… Dafür entschädigte dann der Rooibos Vanille-Sahne , der einfach nur wie ein guter Rotbuschtee mit leichtem Aroma schmeckt und auch noch durch Begleitkuchen aufgewertet wird.
[Super, nun hat das blöde instabile Internet offenbar den halben Post zerhauen. Weiß zufällig jemand, ob ich den Kram wiederfinden kann?]
20: Der Goldmännchen-Kalender erfreute mich heute mit dem hoffentlich letzten Streich der Aromatherapie-Serie: Rose (Kräutertee) war’s diesmal, roch wirklich wie Badewasser und schmeckte nach wenig. Da war der schwache Kontrahent “Kräuter-Gewürztee aus 1001 Nacht”, trotz ebenfalls nicht sonderlich interessanten Aromas, immer noch besser.
21: Die weihnachtliche Einigkeit geht langsam los, und entsprechend haben sich Salus und Goldmännchen für heute auch abgesprochen und beide ein seltsames Ingwer-Lemon-Gemisch (“Spirit” bzw. nur schnöde “Ingwer-Lemon” genannt, beides Kräutertee) in ihre heutigen Beutel gepackt. Sie nehmen sich geschmacklich nicht viel, Salus ist ein bisschen gewürzlastiger, während bei Goldmännchen mehr Lemon durchkommt, was ihn für mich ein wenig besser macht. Aber trotzdem nicht toll.
22: Offenbar ist es pure Garstigkeit des Herstellers, heute gleich nochmal “Ingwer Zitrone” (Kräuter-Früchtetee) in den Beutel zu packen. Auf der Zutatenliste steht dann also statt Lemongras Zitronengras, der Geschmack bleibt lau und auch das Urteil von meiner Mutti ist vernichtend: “mit nem kleinen Scheibchen echtem Ingwer und nem Spritzer Zitrone kriegt man was besseres raus…” Gegen einen so schwachen Gegner kann der “Cola” -Kräutertee quasi nur gewinnen, und tatsächlich schmeckt er überraschend wie Cola. Oder zumindest so wie Haribo-Colafläschchen, was für mich sowieso der einzige erstrebenswerte Colageschmack ist. Juhu!
23: Der Nachmittag beginnt erfreulich mit dem “Pfeffitröpfchen” (Kräutertee), das so ziemlich ähnlich zum Salus-Minzett sein dürfte. Wunderbar minzig, hach. Der Zweitbeutel verspricht heute eine “Ruhige Stunde” (Kräutertee), enthält wohl so ziemlich alles, was man auch in Entspannungsduftkissen packen könnte und schmeckt nach Kräutich. Ach, eigentlich bin ich doch eh ruhig genug, da muss dieser Tee nicht unbedingt sein.
24: Ich hab mir jetzt schon viel Zeit gelassen, nach netten Worten zu suchen, aber dieser Tee war wohl einfach die letzte Rache: “Salad” (Kräutertee) hält, was sein Name verspricht. Oder sollte man den erkalten lassen und lieber als Dressing verwenden? Der simple “Weihnachtstee” (Früchtetee) macht’s mir einfacher: nett, trinkbar, freundliches und fruchtiges Aroma, da macht man nix verkehrt. Extra: Goldmännchen setzt noch eins drauf und legt einen Silvesterbeutel des Inhalts “Traumtänzer” (Früchtetee) bei. Joa, nett – beinahe eine angemessene Entschädigung für den Weihnachtssalat. Das Gimmick des Salus-Kalenders, nämlich die vier Türchen und das Geschichtenbüchlein mit vier Weihnachtsfabeln zweifelhaften pädagogischen Werts (“Aber dem bösen, dem bringt er die Rut'” – so hab ich das gelernt!), hat mich ja auch eher nicht überzeugt. Ich bin also offensichtlich nicht fähig, klar für einen der Kandidaten Partei zu ergreifen, lass es hiermit lieber gut sein und schau mal, was das nächste Jahr so bringt. Gutes Neues!